"Make Love not War" -Lösungsvorschlag seitens "Lebenswertes Chemnitz"

Cancel Culture

Moralische Machtausübung, Angstkultur und Berufsverbote

Autor: Dirk Liesch (mit KI Unterstützung),
teilweise ein Meinungsbeitrag

Gelebte „Chemnitzer Cancel Culture“ (GC³ oder G-C³) vor und während des Kulturhauptstadtjahres 2025 (C2025) sind der Grund dieses „Lernpfades“. Das Problem gibt es aber derzeit in ganz Deutschland.

„Wo Menschen sich selbst zensieren, braucht es keine staatliche Zensur mehr.“  ~Timothy Garton Ash

„Autoritäre Systeme beginnen selten mit Verboten – sie beginnen mit sozialen Kosten für abweichendes Denken.“ ~Timothy Snyder

Auch Hannah Arendt beschrieb, wie moralischer Konformismus pluralistische Gesellschaften von innen aushöhlt.

Deshalb bewegen sich „cancel culture“ Beführworter meist viel näher an autoritären Systemen als die Gruppen die sie canceln.

Cancel Culture - Zensur -Demokratie töten (pixabay 1315071)
Cancel Culture – Zensur -Demokratie töten (pixabay 1315071)
Julia Ruhs „Klar“ (NDR)

ein aktuelles Lehrstück aus dem „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk 

Der Fall Julia Ruhs zeigt, wie das System funktioniert:
Nicht, weil sie etwas Falsches sagte. Sondern weil sie das Falsche fragte. Und wer die falschen Fragen stellt, gefährdet nicht die Wahrheit – sondern das Narrativ.

Deshalb musste sie beim NDR verschwinden. Leise. Institutionell. Moralisch sauber.

So sieht moderne Zensur aus.

Mark Twain Zitat zur Presse (pixabay 5616922)
Mark Twain Zitat zur Presse (pixabay 5616922)

Cancel Culture produziert keine gerechtere Welt. Sie produziert vorsichtige Menschen, angepasste Journalisten, mutlose Institutionen.
„Sag nichts Falsches. Stell keine falschen Fragen. Denk nicht zu laut.“
Das ist keine Freiheit. Das tötet die Demokratie. Das schafft Diktatur.

Cancel Culture – wenn Moral zur Waffe wird

Cancel Culture ist kein harmloses Modewort, sondern ein Symptom einer tief verunsicherten Gesellschaft, die verlernt hat, mit Widerspruch umzugehen. Unter dem Anspruch, für Gerechtigkeit, Sensibilität und Fortschritt einzutreten, etabliert sich zunehmend eine Kultur der öffentlichen Sanktionierung, in der Abweichung vom moralisch akzeptierten Narrativ nicht mehr diskutiert, sondern bestraft wird.

Dabei geht es immer seltener um tatsächliche Straftaten oder klar belegtes Fehlverhalten. Stattdessen genügt häufig eine unkorrekte Meinung, eine missliebige Fragestellung oder die falsche Wortwahl zur falschen Zeit, um soziale, berufliche oder reputative Konsequenzen auszulösen. Das Urteil fällt nicht in Gerichten sondern im digitalen Tribunal der Empörung, in den Medien,  in Politische Kampagnen oder Verleumdungen, in „woken“ Communities und Initiativen und im vorauseilenden Gehorsam von Verwaltungen, Organisationen und Unternehmen.

Cancel Culture erzeugt Angst: Angst, etwas Falsches zu sagen; Angst, missverstanden zu werden; Angst, zum nächsten Ziel zu werden. Diese Angst verändert Verhalten, Sprache und Denken – und sie wirkt zersetzend auf eine demokratische Diskussionskultur, die vom offenen Streit lebt. Wo Menschen schweigen, um sich zu schützen, stirbt nicht nur Meinungsfreiheit, sondern auch gesellschaftlicher Fortschritt.

cancel culture – Diskriminierung, Ausgrenzung, Erniedrigung (pixabay 3096216)
cancel culture – Diskriminierung, Ausgrenzung, Erniedrigung (pixabay 3096216)

Was ist Cancel Culture? – Eine Definition

Cancel Culture bezeichnet die gezielte soziale, berufliche oder öffentliche Ausgrenzung von Personen oder Positionen, die als moralisch oder politisch unzulässig gelten – häufig ohne Verhältnismäßigkeit, Kontext oder die Möglichkeit zur Verteidigung.

Zentrale Kennzeichen:

  • moralische Vorverurteilung
  • öffentlicher Druck statt rechtsstaatlicher Verfahren
  • Reduktion komplexer Menschen auf einzelne Aussagen
  • Kollektivstrafen (Boykott, Ausladung, De-Plattformierung)
  • dauerhafte Stigmatisierung

Cancel Culture ersetzt Debatte durch Disziplinierung.

Stickmen Free Speech Oppression v2 - Illustration by Jason Carswell
Debatte durch Disziplinierung ersetzen (Bild pixabay)

Spaltung, Eskalation und der neue Moralismus

Cancel Culture als Brandbeschleuniger gesellschaftlicher Konflikte

Statt Spannungen auszuhalten, verschärft Cancel Culture sie. Sie erzeugt:

  • eine moralische Zwei-Klassen-Gesellschaft
  • Freund-Feind-Denken
  • radikalisierte Lager
  • Kommunikationsabbrüche

Wer „auf der falschen Seite“ steht, wird nicht überzeugt, sondern ausgeschlossen. Damit wird aus politischem Streit ein kultureller Bürgerkrieg in Zeitlupe.

„Woke“, Werte und Blasen – wenn Moral absolut wird

Der Begriff „woke“ steht heute weniger für Empathie als für moralische Wachsamkeit mit Strafanspruch. Werte werden nicht mehr als verhandelbar verstanden, sondern als moralisch alternativlos.

In abgeschotteten Meinungsblasen entsteht eine Dynamik, in der:

  • Zustimmung moralische Zugehörigkeit signalisiert
  • Zweifel als Verrat gilt
  • Kritik als Angriff gelesen wird

Wer die Werte nicht teilt, gilt nicht als Irrender, sondern als Gefährder.

Ausgrenzung, Zensur und die Angst vor dem „falschen Denken“

Cancel Culture produziert:

  • informelle Berufsverbote
  • soziale Ächtung
  • Selbstzensur
  • institutionelle Feigheit

Der oft (noch) ironisch gebrauchte Begriff „Wahrheitsministerium“ beschreibt die reale Angst, dass legitime Fragen oder Meinungen nicht mehr sagbar sind, ohne persönliche Konsequenzen zu riskieren. Zensur erfolgt zwar (noch) nicht in großem Umfang durch Gesetze, sondern durch soziale Sanktionen. Der Begriff bezieht sich auf den Roman 1984 von George Orwell.


Wer cancelt – und warum?
Macht, Angst und moralisches Kapital

Typische Akteure:

  • aktivistische Milieus
  • Social-Media-Mobs
  • ideologisch homogene Redaktionen
  • Institutionen im Panikmodus
  • Unternehmen mit Angst vor Shitstorms

Motive:

  • Machtausübung durch moralische Deutungshoheit
  • Abgrenzung von „den Falschen“
  • Angst, selbst gecancelt zu werden
  • performative Tugendhaftigkeit

Canceln wird zur Währung moralischer Zugehörigkeit.


Innovationsfeindlichkeit und gesellschaftliche Fragilität

Eine Gesellschaft, die Fehler bestraft statt korrigiert, verliert:

  • Innovationskraft
  • Kreativität
  • Mut
  • Experimentierfreude
  • Widerspruchskraft
  • Flexibilität

Wissenschaft, Kunst und Journalismus werden angepasst statt unbequem. Resilienz entsteht nicht durch Konformität, sondern durch Reibung. Cancel Culture reduziert diese Reibung – und macht Gesellschaften fragiler.

Im Extremfall droht:

  • geistige Verarmung
  • ideologische Erstarrung
  • autoritäre Dynamiken ohne formalen Zwang

Vergleich mit Orwell’s „Wahrheitsministerium“

Der Bezug zwischen „Cancel Culture“ und dem Wahrheitsministerium im Roman 1984 von George Orwell liegt nicht in einer direkten Gleichsetzung, sondern in sehr deutlichen strukturellen Parallelen der Machtausübung über Sprache, Deutung und Erinnerung. Gerade diese Parallelen machen den Vergleich so wirkmächtig.

Wahrheitsministerium in 1984: Funktion und Ziel

Im Roman 1984 ist das Wahrheitsministerium (Ministry of Truth, „Miniver“)
zuständig für:

  • Umschreiben von Zeitungen, Büchern und Dokumenten

  • Tilgung unerwünschter Fakten

  • Anpassung der Vergangenheit an die aktuelle Parteilinie

  • Kontrolle von Sprache („Neusprech“)

Orwell beschreibt das Prinzip so:

„Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft.
Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.“

Ziel ist nicht nur Zensur, sondern Gedankenkontrolle:
Menschen sollen irgendwann nicht mehr denken können, was unerwünscht ist.


Zentrale Mechanismen des Wahrheitsministeriums

Das Wahrheitsministerium wirkt durch:

  1. Sprachlenkung – Begriffe werden umdefiniert oder eliminiert

  2. De-Legitimierung abweichender Gedanken

  3. Löschung von Personen aus dem kollektiven Gedächtnis („Unpersonen“)

  4. Ersetzung von Wahrheit durch Parteiloyalität

  5. Angst vor Abweichung, nicht nur vor Strafe

Wichtig:
Das System funktioniert nicht nur durch Gewalt, sondern durch innere Anpassung.


Der Bezug zu Cancel Culture: strukturelle Parallelen
Kontrolle durch soziale Sanktionen statt staatliche Gewalt

Cancel Culture arbeitet nicht staatlich, sondern sozial:

  • Karrierezerstörung

  • Ausladung

  • Reputationsvernichtung

  • Schweigen aus Angst

➡️ Ergebnis ähnlich: Menschen vermeiden bestimmte Gedanken oder Fragen oder sie werden bis hin zur Karrierezerstörung saktioniert.


Sprachregulierung

In 1984 wird Sprache verengt und reguliert, um Denken zu begrenzen.
In aktuellen Debatten sehen Kritiker Parallelen bei:

  • moralisch verpflichtenden Sprachregelungen

  • ständig wechselnden „korrekten“ Begriffen

  • öffentlicher Sanktionierung bei Abweichung

➡️ Sprache wird nicht nur Werkzeug, sondern Test auf Gesinnung.


Auslöschung statt Widerlegung

Im Wahrheitsministerium werden Menschen „verdampft“ – sie haben nie existiert.
Cancel Culture „löscht“ zwar nicht physisch, aber:

  • Werke verschwinden aus Programmen

  • Personen werden aus Debatten ausgeschlossen

  • Biografien werden auf Vorwürfe reduziert

➡️ Nicht das Argument wird bekämpft, sondern der Sprecher.


Angst als Steuerungsinstrument

In 1984 fragt niemand offen.
In Cancel-Culture-Dynamiken sagen viele:

„Ich denke das zwar, aber ich sage es nicht.“

➡️ Selbstzensur ist ein entscheidender Berührungspunkt.

aktuelle Fälle „öffentlicher Personen“

Til Lindemann

Vorwürfe führten zu massiver öffentlicher Vorverurteilung und institutioneller Distanzierung, lange bevor rechtliche Bewertungen abgeschlossen waren. Das Prinzip der Unschuldsvermutung wurde faktisch außer Kraft gesetzt.

Jörg Kachelmann

Trotz Freispruch blieb der Reputationsschaden bestehen. Ein Beispiel für die Irreversibilität öffentlicher Verdächtigung.

Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen)

Interne Vorwürfe wurden öffentlich eskaliert, mit politischem Schaden lange vor abschließender Klärung. Nach Unschuldsfeststellung blieb der Schaden erhalten. Es erfolgte keine Entschädigung durch die Grünen.

Julia Ruhs und die ARD-Sendung „Klar“

Der Fall Julia Ruhs ist ein besonders aufschlussreiches Beispiel institutioneller Cancel Culture im pflichtbeitragsfinanzierten „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk. Die junge Journalistin moderierte mit „Klar“ eine Sendung, die explizit gesellschaftlich kontroverse Fragen stellen wollte – unter anderem zu Migration, Sicherheit und politischer Sprachregelung.

Statt inhaltlicher Auseinandersetzung folgten:

  • massive interne Kritik
  • öffentliche Distanzierung
  • Vorwürfe, die Sendung bediene „falsche Narrative“

Das Fazit: Bestimmte Fragen gelten als nicht mehr sendefähig, selbst wenn sie journalistisch legitim sind. Der Fall zeigt, wie Cancel Culture im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirkt: nicht durch offene Zensur, sondern durch Konformitätsdruck und ideologisch viel zu homogene Redaktionen .

Aber „tausende“ alltägliche Beispiele

  • Ausgeladene Autoren
  • umbenannte Kunstwerke, Straßen und Gebäude
  • gecancelte oder geänderte Bücher und Literatur
  • Dozenten unter Beobachtung
  • Journalisten, die „auffällig kritisch“ berichten
  • gecancelte lokale Initiativen, Projekte und Personen

Wie lässt sich der Konflikt entschärfen?

Rückkehr zur Streitkultur
  • Kritik statt Vernichtung
  • Kontext statt Schlagwort
  • Dialog statt Exkommunikation
Institutionelle Rückgratbildung
  • Schutz unbequemer Stimmen
  • klare Verfahren
  • Distanz zu Empörungswellen
Medien und soziale Netzwerke
  • Entkopplung von Reichweite und Empörung
  • Förderung differenzierter Formate
  • Mut zur Ambivalenz
Wertepluralismus statt Moralmonopol
  • Anerkennung legitimer Differenz
  • Freiheit und Schutz
  • Demokratie braucht Zumutung

Fazit: Demokratie stirbt nicht durch Kritik – sondern durch Angst

Cancel Culture entsteht aus dem Wunsch nach Gerechtigkeit, kippt aber in ihr Gegenteil, wenn sie Menschen mundtot macht oder sie ausgrenzt, sanktioniert uder anderweitig bestraft. Eine freie Gesellschaft darf nicht verlangen, dass alle dasselbe denken – sondern muss aushalten, dass Menschen unterschiedlich denken.

Nicht unbequeme Meinungen sind gefährlich. Gefährlich ist eine Kultur, in der man sie nicht mehr ohne persönliche negative Folgen äußern kann/darf.

Hier ein Beispiel mit Lösungsvorschlag seitens „lebenswertes Chemnitz“ (siehe auch Beitragsbild).

"Make Love not War" -Lösungsvorschlag seitens "Lebenswertes Chemnitz"
„Make Love not War“ -Lösungsvorschlag seitens „Lebenswertes Chemnitz“ (Bild AI generiert)
Cancel Culture bei AAH und Lösungsvorschlag
Cancel Culture bei AAH und Lösungsvorschlag durch „lebenswertes Chemnitz“

Cancel Culture, Info-Schild zum Download
6x6cm:
cancel_culture_6x6.pdf8x8cm:
cancel_culture_8x8.pdf