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Make Love not War

Warum jetzt wieder „Make Love not War“?

Autor: Dirk Liesch (mit KI Unterstützung, ChatGPT, DeepSeek)

Eine Einleitung:

Es gab eine Zeit, in der Blumen stärker waren als Bomben.

Die Flower-Power-Bewegung entstand nicht aus Naivität, sondern aus Entsetzen. Aus den Bildern verbrannter Dörfer, napalmversehrter Kinder und traumatisierter Soldaten im Vietnamkrieg. Aus der Erkenntnis, dass militärische Überlegenheit keine moralische Überlegenheit erzeugt – und dass Gewalt, einmal entfesselt, sich nie mehr kontrollieren lässt. Millionen junge Menschen verweigerten sich diesem System. Sie tanzten, liebten, experimentierten, sangen und sagten laut: *„Make Love not War.“*

Und sie hatten – zumindest teilweise – Erfolg.
Der Vietnamkrieg endete.
Der gesellschaftliche Druck auf Aufrüstung wuchs.
Der Kalte Krieg verlor seinen absoluten ideologischen Ernst und fror schließlich ein, bis er Jahrzehnte später zerbrach. Die Welt wurde nicht perfekt – aber sie wurde friedlicher, offener, freier. Frauenrechte, sexuelle Selbstbestimmung, LGBTQIA+-Sichtbarkeit, alternative Lebensformen, ökologische Bewegungen: All das wäre ohne diese kulturelle Erschütterung kaum denkbar gewesen.

Make Love not War – eine andere Welt ist möglich
Make Love not War – eine andere Welt ist möglich (KI, CgatGPT)

Heute jedoch stehen wir wieder vor einem Scherbenhaufen.
Ukraine. Gaza. Sudan. Jemen. Syrien. Afghanistan. Libyen.
Ein neuer Kalter Krieg zeichnet sich ab – diesmal multipolar, digital, hybrid. Staaten investieren Billionen in Aufrüstung, während globale Probleme wie Klima, Ungleichheit und psychische Erschöpfung ungelöst bleiben. Millionen Tote, Millionen Traumatisierte – und trotzdem glauben noch viele, dass „mehr Waffen“ zu „mehr Sicherheit“ führen.

Die Geschichte scheint sich nicht nur zu wiederholen – sie beschleunigt sich.

Die naheliegende Frage lautet daher nicht:
„War Flower Power falsch?“
sondern:
„Was haben wir damals falsch oder unvollständig gemacht – und wie können wir es besser, tiefer und nachhaltiger versuchen?“

Denn ja: Die Flower-Power-Bewegung scheiterte in Teilen.
Kommunen zerbrachen. Ideale verflüchtigten sich. Freiheit kippte manchmal in Beliebigkeit, Verantwortungslosigkeit oder spirituelle Flucht. Liebe wurde gepredigt, aber nicht immer gelebt. Strukturen fehlten, Konflikte wurden verdrängt statt transformiert.

Doch aus Fehlern kann man lernen.

Der folgende Essay ist ein Vorschlag genau dazu.
Ein zweiter, reiferer Anlauf.
Weniger romantisch-verklärt – dafür biologisch, psychologisch, sozial und spirituell fundierter.

Er nimmt eine provokante, aber erstaunlich ernsthafte Idee beim Wort:
Was wäre, wenn wir Konflikte nicht zuerst mit Dominanz, Drohung und Abschottung lösen – sondern mit Nähe, Vertrauen und Lust am Miteinander?

Der Vergleich mit Bonobos, unseren friedlichsten nahen Verwandten, ist dabei kein Gag, sondern ein Spiegel. Sie zeigen uns: Gewalt ist keine biologische Notwendigkeit. Dominanz ist keine Naturkonstante. Kooperation, Sexualität und Fürsorge können tragende gesellschaftliche Prinzipien sein.

"Make Love not war" Symbol, Friedenszeichen, im Chemnitzer Wissensgarten
„Make Love not war“ Symbol im Chemnitzer Wissensgarten

„Make Love not War“ ist hier kein Slogan mehr, sondern ein Handlungsvorschlag.
Kein Rückzug ins Private, sondern ein politischer, kultureller und zwischenmenschlicher Entwurf.
Nicht als Entweder–Oder (Patriarchat vs. Matriarchat, Monogamie vs. Polyamorie, Spiritualität vs. Wissenschaft), sondern als integrierte Mischform: menschlich, lustvoll, verantwortlich.

Vielleicht ist es naiv.
Vielleicht ist es radikal.
Vielleicht ist es genau das, was wir jetzt wieder brauchen.

Denn wenn wir eines aus der Geschichte gelernt haben sollten, dann dies:
Waffen beenden keine Kriege – Menschen beenden sie.
Und Menschen, die sich verbunden fühlen, führen seltener Krieg.

Was folgt, ist ein Plädoyer für diese Verbindung.
Für Liebe als soziale Technologie.
Für Einfachheit in einer überkomplex wahrgenommenen Welt.
Für einen neuen Versuch, es anders zu machen –
besser, bewusster und nachhaltiger.

Wer möchte kann gerne parallel zum Lesen des Essay eine Erinnerung an das Woodstock Festival 1969 laufen lassen (Dauer: 1:16:27 min):

Make Love not War

Eine Bonobo-Inspiration für menschlichere Zeiten

Die Blumen, die einst eine Mauer durchbrachen

Es gibt Bilder, die sich in das Gedächtnis der Menschheit einbrennen. In den 1960er Jahren waren es nicht nur die Schreckensbilder des Vietnamkrieges – napalmverbrannte Kinder, zitterende Soldaten, zerbombte Dörfer –, sondern auch ihr kraftvolles Gegenbild: Ein junger Mann, der einer Reihe bewaffneter Soldaten eine Blume in den Gewehrlauf steckt. Diese Geste wurde zur Ikone der Flower-Power-Bewegung, einer massenhaften Weigerung, den Kreislauf der Gewalt als unausweichlich hinzunehmen. Diese Bewegung, getragen von der einfachen, radikalen Einsicht „Make Love, not War“, tat mehr, als nur Protest zu artikulieren. Sie infizierte die kollektive Psyche mit einer friedlichen Sehnsucht, die letztlich den Vietnamkrieg beendete und, wie viele Historiker glauben, den ideologischen Frost des Kalten Krieges auftaute. Sie bewies: Gewaltfreier Widerstand, getragen von einer Kultur der Liebe und Gemeinschaft, kann Mauern einreißen – sogar jene aus Beton.

Vietnamkrieg → Flower Power → gesellschaftlicher Wandel (KI, DALLE-3)
Vietnamkrieg → Flower Power → gesellschaftlicher Wandel (KI, DALLE-3)

Heute starren wir erneut auf eine Welt in Scherben. Der Angriffskrieg in der Ukraine, der endlose Leidenszyklus in Palästina und Israel, die vergessenen Konflikte im Sudan, Jemen und anderswo zeichnen das düstere Bild einer neuen Ära der Konfrontation. Die Bilanz der letzten Jahrzehnte liest sich als Katalog des Scheiterns: Afghanistan, Syrien, Libyen – interventionistische Politik hinterlässt oft nur Trümmerfelder und geschundene Seelen. Wir stehen am Rande eines neuen Kalten Krieges, der bereits Billionen in Rüstungspakete pumpt, während Millionen Menschen an den Folgen von Hunger, Vertreibung und direkter Gewalt leiden. Die alte Formel der Abschreckung und des „Friedens durch Stärke“ zeigt erneut ihre tragische Unfähigkeit, wirklichen Frieden zu schaffen.

Angesichts dieser trostlosen Lage stellt sich eine dringende, ja revolutionäre Frage: Was, wenn wir die mächtigste Waffe, die wir je besaßen, wieder aus dem Archiv der Ideen holen? Was, wenn wir „Flower Power“ noch einmal versuchen – nur klüger, nachhaltiger und mit den Lehren aus unseren früheren Fehlern?

Dies ist genau ein solcher Vorschlag. Er ist eine Einladung, die naive Romantik der Blumenkinder hinter uns zu lassen und ihr ernsthaftes, richtiges, transformatives Anliegen in eine evolutionsbiologisch fundierte, praktisch erprobte und zukunftstaugliche Lebensphilosophie zu überführen. Wir müssen nicht bei Null anfangen. Die Natur hält uns einen Spiegel vor.

Male chimpanzee (left) and male bonobo (right)
männlicher Schimpanse (links) und männlicher Bonobo (rechts)
Biologische Grundlage: Die zwei Gesichter unserer Verwandtschaft

Im dunkelgrünen Dschungel des Kongo-Beckens, südlich des gewaltigen Flusses, vollzieht sich ein stilles evolutionäres Experiment. Hier leben unsere nächsten Verwandten, die Bonobos, und sie zeigen uns eine alternative Möglichkeit, Gesellschaft zu gestalten. Während ihre nördlichen Cousins, die Schimpansen, in strengen männlichen Hierarchien leben, Konflikte mit Gewalt austragen und sogar tödliche Raubzüge unternehmen, haben die Bonobos einen anderen Weg gewählt. Ihre Währung der Macht ist nicht Aggression, sondern Zärtlichkeit.

Fight vs. Love als evolutionäre Metapher - Schimpansen und Bonobos (KI, DALLE-3)
Fight vs. Love als evolutionäre Metapher – Schimpansen und Bonobos (KI, DALLE-3)

Bei Bonobos lösen Weibchen, die solidarische Allianzen bilden, Konflikte. Spannungen um Nahrung oder Rang werden nicht mit gekeulten Fäusten, sondern mit ausgiebiger gegenseitiger Berührung, Fellpflege und sexueller Interaktion entschärft – und das geschlechtsübergreifend und in vielfältigen Formen. Der Primatologe Frans de Waal prägte dafür den Begriff „Make Love, not War“ als beobachtetes biologisches Prinzip. Dies ist keine moralische Entscheidung, sondern eine evolutionär stabile Strategie. Beide Modelle – Kampf und Kooperation – sind in der Natur erfolgreich. Das Faszinierende: Unser menschliches Gehirn ist für beide Wege verdrahtet.

Neurobiologisch ist dieses „Bonobo-Prinzip“ tief in uns verankert. Sexuelle Intimität und liebevolle Berührung setzen einen Cocktail aus Bindungshormonen frei: Oxytocin, das „Kuschelhormon“, fördert Vertrauen und reduziert Angst. Endorphine lindern Schmerz und erzeugen Glücksgefühle. Dopamin belohnt soziale Verbindung. Unser Nervensystem ist darauf ausgelegt, dass Nähe Sicherheit signalisiert – ein uraltes Programm, das der Kampf-oder-Flucht-Reaktion direkt entgegenwirkt. Wir tragen also nicht nur das Erbe der territorialen Schimpansen in uns, sondern ebenso das der bindungsorientierten Bonobos. Die Frage ist nur, welches Programm wir häufiger ausführen.

Das KISS-Prinzip in komplexen Zeiten: Fuck or Fight?

Unsere moderne Welt wird zunehmend mit dem  Akronym VUCA wahrgenommen: volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig (siehe auch „Woke, nicht VUCA„). Diese empfundene Komplexität überfordert uns, macht uns ängstlich und lässt uns in alte, einfache Muster zurückfallen: in Abgrenzung, in Feindbilddenken, in den reflexhaften „Fight“-Modus. Die politische Rhetorik, die sozialen Medien, die Geschäftswelt – überall dominiert das Schimpansen-Paradigma der Konkurrenz und Dominanz.

Dem stellen die Bonobos das ultimative KISS-Prinzip entgegen: „Keep it simple and stupid“ oder, in ihrer Sprache: „Keep it sensual and sharing“. Ihre vereinfachende Grundregel in sozial schwierigen Situationen lässt sich provokativ auf die Formel bringen: „Fuck or Fight“. Sie wählen (fast immer) Ersteres. „Fuck, don’t fight“ – so könnte man ihre Entscheidung überspitzt formulieren. Diese Priorisierung von Verbindung über Konfrontation ist keine Flucht vor Problemen, sondern eine kluge neurologische Taktik. Denn nach einer oxytocingeladenen Verbindung ist das Gehirn physiologisch anders gestimmt: Der präfrontale Kortex, unser Zentrum für rationale Problemlösung und Empathie, wird besser durchblutet, während die Amygdala, der Angstgenerator, herunterreguliert wird. Das Problem wird nicht kleiner, aber unsere Fähigkeit, es gemeinsam zu lösen, wird größer.

KISS - Prinzip „Fuck or Fight“ (KI, DALLE-3)
KISS – Prinzip „Fuck or Fight“ (KI, DALLE-3)

„Fuck“ steht hier metaphorisch für jede Form der lustvollen, einvernehmlichen Verbindung, die uns aus dem isolierten Ich heraustreibt. Es ist die Einladung, Konflikte zuerst mit einer Geste der menschlichen Verbindung zu beginnen – einer Umarmung, einem ehrlichen Kompliment, einem geteilten Lachen, sexuellen Kontakt –, bevor wir in die inhaltliche Auseinandersetzung gehen. In einer Welt, die uns zum Kampf rüstet, ist diese Haltung die radikalste Form der Friedensarbeit.

Historische und kulturelle Vorläufer: Vom Tantra bis zu den Kommunen

Die Idee, Liebe und Sexualität als transformative, sogar heilige Kräfte zu begreifen, ist nicht neu. Sie durchzieht die Menschheitsgeschichte wie ein goldener Faden. Im tantrischen Buddhismus und Hinduismus wird Sexualität als Weg zur spirituellen Erleuchtung und Verschmelzung mit dem Göttlichen gesehen. Die physische Vereinigung wird zum Ritual der gegenseitigen Verehrung und Auflösung des Egos – eine Praxis, die Besitzdenken und instrumentelle Triebbefriedigung transzendiert.
Sex soll verbinden, statt egoistischer Gelüste willen zu dienen. In buddhistischen und hinduistischen Schulen (vor allem im Vajrayana-Buddhismus) dient sexuelle Energie dazu, Mitgefühl und Einheit zu erfahren. Solche Traditionen erinnern daran, dass körperliche Nähe in einem spirituellen Kontext heilen kann – nicht für die Erreichung eines Orgasmus, sondern für inneren Wandel.

Vajrayoginī in the form of Nāropa's Ḍākinī from a Thangka.
Foto eines Gemäldes von Vajrayoginī in der Gestalt von Nāropas Ḍākinī aus einem Thangka

Die Flower-Power-Bewegung der 1960er machte diese Haltung zu einem politischen Programm. „Make Love, not War“ war kein Slogan, sondern eine Lebenspraxis in Kommunen wie Kaliforniens „Drop City“ oder Berlins „Kommune 1“. Sie experimentierten mit der Abschaffung der Kleinfamilie, mit kollektiver Elternschaft und freier Liebe.

Opening Ceremony at Woodstock August 15, 1969.
Eröffnungsfeier in Woodstock am 15. August 1969.

Beim Woodstock-Festival 1969 schrie die Menge „Make love, not war“. Zehntausende tanzten zu „Love and Peace“-Musik und lebten offen ihre Sexualität als Protest gegen Gewalt. Solche Make-Love-Bewegungen wollten eine neue Ordnung schaffen, in der Liebe und Gemeinschaft über Angst und Misstrauen regieren.

Ihre großen Erfolge waren die Befreiung von repressiver Sexualmoral, die Stärkung der Friedensbewegung und ein nachhaltiger kultureller Wandel hin zu mehr Individualität und Toleranz. Sie öffnete den Blick dafür, dass Liebe und Frieden politische Statements sein können. Ihre Schlagworte leben in Slogans wie „Es ist genug Liebe für alle da!“ fort.

„Hair“- das beste Musical über die Flower-Power Zeit – als Film (must see). Hier der Trailer (Dauer: 2:56 min):

Doch warum haben diese Kommunen meist nicht überdauert? Die Lessons Learned sind entscheidend für eine „Flower Power 2.0“:

  1. Lernen aus der Geschichte: Historiker beobachten, dass die meisten Haus- und Landkommunen mit dem Ende des Vietnamkriegs 1975 allmählich zusammenbrachen. Das große Gegengewichtsprojekt der 1960er/70er zerfiel, als politische Spannungen sich auflösten.
  2. Ursachen der Probleme: Oft fehlte den Kommunen eine gemeinsame Vision oder Ökonomie. Zu wenig Arbeit. Zuviele Drogen. Welcher Typ Liebe und Sexualität sollte gelten? Wie geht man mit Eifersucht und Besitzdenken um? Ohne Antworten zerbrachen Gemeinschaften leicht. Viele Hippies zogen darum ins Land (Back-to-the-Land-Bewegung) oder traten wieder in die bürgerliche Gesellschaft zurück, sobald der akute Protestgeist nachließ
  3. Größe und Regeln: Kleine Gruppen können enger verbunden bleiben. Klare Absprachen zu Aufgaben, Finanzen und Entscheidungsfindung sind wichtig. Fast anarchische Ansätze (wie „keine Regeln“) sind meist zum Scheitern verurteilt. Fünf direkt zusammenlebende Personen sind wahrscheinlich die absolute Obergrenze, was auch an typischen WGs heutzutage zu beobachten ist.
  4. Spiritualität, wenn wichtig in der konkreten Gemeinschaft, darf nicht zu Dogmatismus werden: Die offene Suche erstarrte mancherorts in neuen Gurus und Sektenstrukturen.
Nähe, Gemeinschaft, Spiritualität (KI, DALLE-3)
Nähe, Gemeinschaft, Spiritualität (KI, DALLE-3)

Eine nachhaltige moderne Umsetzung braucht daher bewusste Beziehungskultur: klare, einvernehmliche Absprachen („ethical non-monogamy“), regelmäßige Kommunikation, evtl. Gesprächskreise und eine Balance zwischen Gemeinschaft und Privatsphäre.

Moderne Umsetzung: Inklusion, Beziehungsvielfalt und praktische Ethik

Die Parole der LGBTQIA+ Community „Es ist genug Liebe für alle da“ könnte das Motto einer Bonobo inspirierten Gesellschaft sein. Es fordert die wörtliche Interpretation: Wenn Liebe und Zuneigung keine knappen Ressourcen sind, die aufgeteilt werden müssen, sondern sich im Teilen vermehren, dann fällt das Trennende zwischen „mein“ und „dein“. Dies ist kein Plädoyer für promiskuitive Beliebigkeit, sondern für die Entkommerzialisierung und Demokratisierung von Zuneigung.

Die Modelle des Zusammenlebens können vielfältig sein:

  • Verantwortungsvolle Monogamie, die aus bewusster Wahl und nicht aus Besitzangst lebt.
  • Ethical Non-Monogamy / Polyamory, die mit Transparenz und Vereinbarungen Mehrfachbeziehungen pflegt.
  • Wahlfamilien und intentionale Gemeinschaften, die Verwandtschaft durch Verbundenheit definieren.
Moderne Vorsorge: Verhütung und Gesundheit

Dank moderner Medizin ist Sex heute weitgehend von Angst befreit. Die klassische Begründung für Monogamie – Kindeszeugung – hat an Zwang verloren. In-vitro-Fertilisation, Adoption und vielfältige Verhütungsmittel entkoppeln Sex fast vollständig von Schwangerschaft. Selbst sexuell übertragbare Infektionen sind behandelbar oder kontrollierbar. Die WHO stellt klar: Wird HIV erfolgreich behandelt, ist das Virus bei ausreichender Unterdrückung („undetectable = untransmittable“) nicht ansteckend. Viele andere STIs (Syphilis, Chlamydien, Gonorrhöa etc.) sind mit Antibiotika heilbar. Und gegen HPV oder Hepatitis-B gibt es Impfungen. Richtig angewandt gilt: Verantwortungsbewusstsein, Kondome und Tests schützen effektiv.
Dadurch kann auch eine offene Beziehung sehr risikoarm gestaltet werden, fast so sicher wie frühe monogame Ehen es nie waren.

Ängste und Lösungen

Natürlich bleiben psychologische Herausforderungen: Eifersucht, Verlustangst oder der Druck, eine Beziehung perfekt zu managen, können jeder Liebe schwer zusetzen. Doch Liebe selbst ist neutral – Probleme entstehen, wenn Vertrauen und Kommunikation fehlen. Offenheit ist das Stichwort. Paare und Gruppen, die dialogfähig sind, können Eifersucht als normales Gefühl benennen und bearbeiten. Häusliche Eifersucht entsteht oft aus gesellschaftlichen Besitzdenken. Ein kluger Weg ist es, Gefühle zuzulassen und nach Gemeinsamkeiten zu suchen, anstatt zu verbieten oder heimlich zu agieren.

Schluss: Eine Einladung zur friedlichen Revolution

Der Weg des „Make Love“ ist keine eskapistische Utopie. Er ist eine evolutionsbiologisch vorhandene, historisch erprobte und neuropsychologisch sinnvolle Alternative, die in unseren Zellen schlummert. Die Flower-Power-Bewegung hatte recht mit ihrer Intuition, scheiterte aber oft an der Umsetzung. Heute wissen wir mehr.

„Flower Power 2.0“ bedeutet, die Blume nicht mehr nur in den Gewehrlauf, sondern in die Architektur unserer Beziehungen, Institutionen und inneren Landkarten zu pflanzen. Es beginnt im Kleinen: Mit der mutigen Umarmung nach einem Streit. Mit dem ehrlichen Gespräch über sehnsuchtsvolle Beziehungsformen. Mit der Entscheidung, im nächsten Konflikt zuerst zuzuhören und zu verstehen, statt zu besiegen.

Peace (pixabay, ben_frieden)
Peace (pixabay, ben_frieden)

Die Bonobos im Kongo erinnern uns daran: Frieden ist nicht die Abwesenheit von Konflikt, sondern die aktive, freudige Kultivierung von Verbindung. In einer Welt am Abgrund ist diese Erkenntnis nicht naiv, sondern eine hohe Form der Intelligenz. Wir haben die Wahl zwischen den ererbten Pfaden der Schimpansen und dem alternativen Vorbild der Bonobos. Wagen wir den Sprung ins Verbundensein. Es ist genug Liebe für alle da. Wir müssen sie nur leben lernen.

Abschließend plädiert unser Vorschlag für eine Synthese: Nicht Patriarchat oder Matriarchat, sondern eine Mischform, in der alle Geschlechter gleichberechtigt sind. Der zentrale Gedanke bleibt: Beginne Konfliktlösung mit Nähe. Ob nun körperlich durch Sex, oder emotional durch eine liebevolle Umarmung – nach Intimität geht vieles einfacher. Hilfsweise kann man auch Freundschaft und Humor als Brücke einsetzen. In jedem Fall: Liebe schafft Verbindungen, baut Brücken und löst Spannungen. Mit etwas Mut und Rücksicht können wir also tatsächlich „Make Love not War“ leben – aus Überzeugung, mit Begeisterung und wissenschaftlichem Hintergrund.

Neue Hippies (pixabay, ben_frieden)
Neue Hippies (pixabay, ben_frieden)

Nachtrag:

Der Vorschlag „Make Love not War“ ist eigentlich nicht ganz neu. Der Grundgedanke lag schon dem Video zu Bonobos aus dem Weihnachtskalender 2019 (lebenswertes Chemnitz) zugrunde (Dauer: 1:27 min).

Make Love not War, Info-Schild zum Download
6x6cm:
make_love_not_war_6x6.pdf
8x8cm:
make_love_not_war_8x8.pdf

Wer zu Projekten, Konzepten und Ideen von „lebenswertes Chemnitz“ auf dem Laufenden bleiben möchte, meldet sich am besten bei unserem „Newsletter“ an.

Woke, nicht VUCA

Ode an die verwöhnte Apokalypse

Autor: Dirk Liesch (mit KI Unterstützug, DeepSeek + ChatGPT)

Hinweis: noch nicht fertig / „Man at work“ => reale Bilder kommen später 😉

Einleitung: Das große Stöhnen

Stellt Euch vor, es ist Weltuntergang – und keiner stirbt. Stattdessen wird geinstagramt. Wir stehen im 21. Jahrhundert, umgeben von Kaffeemaschinen mit WLAN, bestellen Avocado-Toast per App und stöhnen unter der Last einer Welt, die uns so fordernd erscheint wie nie zuvor. „VUCA“ rufen die Strategen, „volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig!“. Doch blicken wir zurück durch die blutgetränkten Jahrhunderte, so scheint ein anderes Wort treffender: Woke. Erwacht in einer Welt des beispiellosen Wohlstands – und geblendet von ihrem eigenen Scheinwerferlicht. Folgt mir auf eine Reise, nicht in eine komplexe Zukunft, sondern in die simple, gnadenlose Vergangenheit. Ihr werdet sehen: Nicht die Welt ist kompliziert geworden. Wir sind es.

Das Argument der existenziellen Einfachheit

Beginnen wir in der Guten alten Zeit, als Termine noch in Knochen geritzt wurden und das Homeoffice eine feuchte Höhle war. Der Homo sapiens, noch ohne Gendersternchen, kämpfte täglich ums Überleben. Ein falscher Schritt, und der Säbelzahntiger servierte einen zum Abendessen. Die Lebenserwartung: knapp 30 Jahre, wenn man die Kindheit überlebte, was die Hälfte nicht tat. Die Pharmaindustrie bestand aus dem Schamanen, der dir Bärenfett auf die Wunde schmierte.

Überleben war kein Diskurs (KI generiert, DALLE-3)
Überleben war kein Diskurs (KI generiert, DALLE-3)

Springen wir zu den Pyramidenbauern. Ihre Karriereplanung war eindeutig: Sklave sein, Steine schleppen, unter Steinen enden. Die Pharaonen hatten immerhin Abwechslung: Sie konnten an Pest, Pocken oder Palastintrigen sterben. Die Lebenserwartung blieb freundlich bei 35. Im antiken Rom war ein Tag im Circus Maximus weniger Freizeitvergnügen, mehr Massenschlachthaus. Die Germanen froren sich den Hintern ab, die Wikinger ertranken auf rauer See, und im Mittelalter war die populärste Freizeitaktivität das Sterben an der Pest, die ein Drittel Europas dahinraffte. Frauen hatten zumindest die Chance auf das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Hungersnöte waren saisonal, wie heute Spargel.

Die Neuzeit brachte „Fortschritt“: Kinderarbeit in stickigen Bergwerken, 16-Stunden-Tage in Fabriken, Städte, in denen der Inhalt der Nachttöpfe aus dem Fenster gekippt wurde – direkt auf die Pestilenz der Straße. Der Dreißigjährige Krieg entvölkerte ganze Landstriche, der Zweite Weltkrieg industrialisierte den Mord. Die Generation unserer Großeltern baute aus Trümmern ein Land auf, mit Schaufeln, nicht mit Smartphones. Der Kalte Krieg hielt die Welt 40 Jahre lang in atomarer Geiselhaft.

Das war das VUCA unserer Vorfahren,  rein und unverfälscht, ein täglicher Würfelwurf mit dem Tod. Einfach, oder  „volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig“?

Brian und die Boomermißgunst

Das Argument der undankbaren Erben

Erinnert Euch an den unsterblichen Sketch aus „Das Leben des Brian“: „Was haben die Römer je für uns getan?“ Die Antwort: Aquädukte, Sanitäranlagen, Straßen, Bildung, Frieden, Sicherheit… Die Liste ist lang. Übertragen wir das auf die Babyboomer und die Generationen Y+Z, die heute mit dem moralischen Zeigefinger wedeln.

Was haben uns die Boomer je Gutes gebracht? Nur so Kleinigkeiten: Den Wiederaufbau eines demokratischen Deutschlands. Die soziale Marktwirtschaft. Den Frieden in Europa für die längste Zeit in der Geschichte. Den Wohlstand, in dem Ihr Euren fair gehandelten Kaffee trinkt. Die Technologie, mit der Ihr diese Zeilen auf einem Gerät lest, das mächtiger ist als alle Computer der NASA von 1969. Sie lösten die Kubakrise ohne Atomkrieg. Sie schafften es, dass Ihr heute nicht in einem Atomschutzbunker sitzt.

Und der Dank? Ein kollektives Augenrollen, ein „OK, Boomer“, und der Vorwurf, sie hätten das Klima ruiniert – während sie mit Händen und Füßen aus Schutt und Asche eine Industrie aufbauten, die Euren Lebensstandard erst ermöglicht. Ihr lebt in einer Welt, in der die größte Sorge um die korrekte Pronomenverwendung geht, während Eure Vorfahren sich um genug Kalorien zum Überwintern sorgen mussten. Ihr seid nicht in einer VUCA-Welt erwacht. Ihr seid woke in einem Schlaraffenland aufgewacht und beschwert Euch über die Farbe der Servietten.

Bürokratie

Das Argument der selbstverschuldeten Unmündigkeit

Während der Bauer von anno dazumal nur fürchten musste, dass der Lehnsherr ihm die Ernte nahm oder die Pest die Ochsen dahinraffte, kämpft sein modernes Pendant gegen ein weit schlimeres Ungeheuer: den DIN A4-Drachen. Unter dem Banner des Wohlwollens – Arbeitsschutz, Umwelt, Tierschutz, Verbraucherschutz, Klimaschutz, Bio – hat sich eine Hydra aus Paragraphen, Verordnungen und Formblättern über das Land gelegt. Rot-Grün, Schwarz-Rot, jede Farbe fügt neue Schuppen hinzu.

Bauer im Akten-, Vorschriften- und Gesetze-Labyrinth (KI, DALLE-3)
Bauer im Akten-, Vorschriften- und Gesetze-Labyrinth – woke Bürokratie hinter den Feldern (KI, DALLE-3)

Tausende Beamte in schalldichten Büros brüten über der vitalen Frage, wie viele Zentimeter ein Hühner-Auslauf pro Tier mindestens haben muss, während draußen der Landwirt in Papier erstickt, bevor er überhaupt aufs Feld kommt. Der Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist zum Haftungsrisiko geworden. Etwas zu tun bedeutet heute, gegen eines der zehntausend neuen Gesetze zu verstoßen, die jedes Jahr aus Brüssel und Berlin quellen. Der moderne Held ist nicht der, der etwas schafft, sondern der, der es schafft, juristisch unangreifbar zu sein. Ein Phantom.

Und wo sitzen die Architekten dieses Labyrinths? Schlürfend ihren Latte Macchiato, den nächsten „Diversity-Workshop“ planend, während sie per Dienstreiseflieger zum Klimagipfel jetten. Das ist nicht VUCA. Das ist die tyrannische Sanftheit des Woke-Regulierungswahns, der die Welt nicht rettet, sondern in Aktenordnern ersticken lässt.

Die Klima-Apokalypse mit Thermostat

Das Argument der relativen Erderwärmung

„Existenzbedrohend!“ rufen die Propheten der Woken Klimakirche. Gewiss, der Mensch pustet mit industriellem Furor CO₂ in die Luft, und das ist dumm. Der Raubbau an der Erde ist eine Sünde, bei allen Rohstoffen. Doch von Apokalypse zu faseln, wenn Kuba jährlich Hurrikane wegsteckt und Beduinen in 50 Grad Hitze Tee kochen, ist dramaturgisch gut, aber historisch billig.

Die Erde war schon ein Treibhaus voller Palmen an den Polen und ein Schneeball bis zum Äquator. Sie überlebte. Mehr CO₂? Ein Dünger für Pflanzen. Mehr Wärme? Mehr Verdunstung, mehr Regen – physikalisch simpel. Das Problem ist nicht die Veränderung, sondern unsere starre Infrastruktur und unser hysterischer Aktionismus. Während wir Inlandsflüge verbieten wollen, schicken wir das Lithium für unsere heiligen E-Autos um den halben Globus und zerstören dabei Landstriche.

Die Rückkehr in die Höhle – freiwillig: "De-Growth" (KI, DALLE-3)
Die Rückkehr in die Höhle – freiwillig: „De-Growth“ (KI, DALLE-3)

Die Lösung liegt nicht in der Rückkehr zur Höhle, sondern im Vorwärts zur intelligenten Anpassung und echter Innovation: Kernfusion, Gen-Editing für trockenresistente Pflanzen, Geo-Engineering, Robotik uva.. Doch Woke hasst die Technologie, die es retten könnte, und betet die „De-Growth“-Mönche an, die uns in eine selbstgewählte Armut führen wollen. Nicht der Klimawandel ist komplex. Komplex ist unsere irrationale Angst davor und der daraus geborene, planwirtschaftliche Kontrollwahn.

Der Werte-Krieg und die realpolitische Amnesie

Das Argument der moralischen Überheblichkeit

Die Babyboomer managten den Kalten Krieg mit eisernem Realismus und der nüchternen Angst vor der gegenseitigen Auslöschung. Es funktionierte. Dann kam Woke. Statt Interessenpolitik: Wertepolitik. Statt der mühsam errungenen europäischen Friedensarchitektur, die Russland einbezog: moralische Expansion. Die NATO, einst Verteidigungsbund, bombardierte 1999 Serbien und wurde zum Werkzeug missionarischer Demokratie und ein Angriffsbündnis. Die Osterweiterung, einst ausgeschlossen, wurde zum Fakt.

Putin, ein entschlossener Realpolitiker, sah eine Bedrohung – und handelte, wie es Entscheider und auch Diktatoren tun. Statt der realpolitischen Deeskalation à la Kubakrise gab es Sanktionen, Sanktions-Spirale und die grüne Außenministerin, die verkündete, man führe Krieg gegen Russland. Mit einem Land, gegen das Deutschland den brutalsten Vernichtungskrieg der Geschichte geführt hat. Die Ironie ist so dick, dass man sie schneiden könnte.

Währenddessen wird ein völkerrechtswidriger Krieg Israels in Gaza mit anderen moralischen Waagen gewogen als der Russlands. Der Genozid im Sudan? Fehlender Hashtag, geringere Relevanz. Diese selektive Empörung, diese von allen historischen und machtpolitischen Realitäten gelöste „Werte“-Brille, ist brandgefährlich. Sie führt nicht zu Frieden, sondern zu mehr Konflikten. Nicht die Welt ist volatil. Unser moralischer Kompass spielt verrückt, weil er keine Nordung mehr zur Realität hat. Das ist „Woke, nicht VUCA“.

Werte über Trümmern (KI, DALLE-3)
Werte über Trümmern – Politiker im Angesicht der Zerstörung (KI, DALLE-3)

Die Wolfs- und Wohlstands-Paradoxien

Das Argument der wollüstigen Widersprüche

Die Woke-Logik ist ein Fest der Unvereinbarkeiten, ein poetisches Menü des Widersinns:

  • Bevölkerungswachstum ist kein Problem“ ruft man, während man „die ganze Welt zum Naturschutzgebiet“ erklären will.
  • Man verbietet der Landwirtschaft Gentechnik und Pflanzenschutz, fordert maximale Tierwohl-Flächen und wundert sich, warum Lebensmittel teurer werden.
  • Man heult die Wölfe zurück und ist entsetzt, wenn sie Schafe (und zukünftig Kinder) reißen – das Recht des Stärkeren gilt plötzlich nur noch metaphorisch.
  • Man will sozial gerechten Wohlstand für alle, auch für Bürgergeldempfänger, und glaubt fest daran, dass dann noch jemand nachts die Pakete sortiert oder im Schlachthof arbeitet.

Es ist die Utopie des totalen Wohlstands ohne Preis, der unendlichen Natur ohne menschlichen Eingriff, der perfekten Gerechtigkeit ohne Anreiz. Ein Traum, so schön und so real wie ein Einhorn, das einen veganen Burger grillt. Die Komplexität entsteht nicht aus der Welt, sondern aus der Weigerung, einfache trade-offs anzuerkennen: Mehr Naturschutz hier, weniger Fläche dort. Mehr Tierwohl, höhere Kosten. Mehr Migration, mehr sozialer Sprengstoff. Woke will das Sowohl-als-auch in einer Entweder-oder-Welt. Das ist keine VUCA-Welt. Das ist die mentale Gymnastik der Realitätsverweigerung. Das ist Woke.

Das Echo in der Glaskugel

Das Argument der einsamen Hypervernetzung

Der Urmensch saß am Lagerfeuer, umgeben von der echten Wärme der Sippe, das Knacken des Feuers und das Heulen der Wölfe die einzigen Töne. Heute sitzen wir in der gleichen Haltung, doch das Feuer ist das kalte Blau des Smartphone-Scheins, und die Wölfe heulen in der Timeline. Wir sind die erste Spezies, die mit den Freunden am anderen Ende der Welt live das Sonnenuntergangs-Selfie teilen kann – und gleichzeitig nicht weiß, wie der Nachbar von gegenüber heißt.

Unsere sozialen Netze sind so groß wie nie und so stabil wie Spinnweben im Sturm. Wir sind Zeuge jeder Hochzeit, jeder Weltreise, jeder perfekt in Szene gesetzten Avocado-Bowl unserer 537 „Freunde“. Das Ergebnis? Eine chronische Unzufriedenheit, die aus dem ständigen Vergleich des eigenen, normalen Hinterzimmers mit der gefilterten Höhepunkte-Show aller anderen erwächst. Wir sind Teil von hundert Gruppen mit wertschätzenden Sprachregeln – „Du schaffst das, König:in!“ – und fühlen uns doch isolierter denn je.

Alle verbunden, niemand zufrieden (KI, DALLE-3)
Alle verbunden, niemand zufrieden – Verblasst im digitalen Schein (KI, DALLE-3)

Die Kommunikation ist reibungslos, inhaltsleer und dauerhaft. Ein Fluss aus Emojis, der nie ins Meer der echten Begegnung mündet. Wir haben die Technologie, uns nie mehr allein zu fühlen, und haben perfektioniert, uns in der Menge zu verlieren. Das permanente Feedback der Likes erzeugt keine Geborgenheit, sondern die Abhängigkeit von einem digitalen Lusttropfen. Der „Shitstorm“ wird zur archetypischen Naturkatastrophe der Woken Ära – ein Sturm aus Worten, der keine Dächer abdeckt, aber Seelen verwüstet.

Ist das VUCA? Nein. Es ist die große paradoxe Einsamkeit der Hypervernetzung. Woke hat die Werkzeuge der globalen Gemeinschaft und nutzt sie zum Kuratieren des eigenen Ichs und zum Disziplinieren der Abweichler. Die Komplexität entsteht nicht, weil die Welt chaotisch ist, sondern weil wir uns in einem selbstgebauten Labyrinth aus Spiegelungen verlaufen, ständig beschäftigt, das eigene Echo für den Applaus der Welt zu halten. Die wahre Unsicherheit ist nicht da draußen. Sie ist das Gefühl, dass unter hundert virtuellen Umarmungen keine echte ist, die trägt.

Die Depression im Schlaraffenland

Das Argument der gesuchten Bedeutung

Noch nie hatten Menschen so sichere, saubere, freie und lange Leben. Noch nie arbeiteten sie so wenig und so wenig körperlich. Noch nie hatten Jugendliche so viel Geld und Freizeit. Das Ergebnis? Explodierende Zahlen von Depressionen, Burnouts und Allergien. Der Mensch, das Tier, das für den Kampf ums Überleben gemacht ist, erstickt im Überfluss an Optionen und Mangel an existenzieller Aufgabe.

Gleichzeitig zetteln wir neue Kämpfe an, um uns bedeutend zu fühlen: Kämpfe um Pronomen, um kulturelle Aneignung der Dreadlocks, um die korrekte Anzahl an Geschlechtern. Wir bauen „Brandmauern“ gegen politische Gegner und wundern uns, dass die Gesellschaft brennt. Wir canceln jeden, der vom vorgegebenen Sprachpfad abweicht, und sind überrascht, dass die Stille danach, und die Explosion später, so unheimlich ist.

Wir haben die echten Dämonen – Hunger, Pest, Krieg – besiegt und ersetzen sie durch selbstgebastelte Gespenster. Dann starren wir in den Spiegel unserer Selbstverwirklichungs-App und schreien „VUCA!“, weil uns das Gesicht darin so unendlich anstrengend und komplex erscheint. Die Herausforderung liegt nicht da draußen. Sie liegt in unserer gesättigten, übertherapierten, unterforderten Seele.

Fazit: Das Erwachen aus dem Woke-Traum

So stehen wir da. Erben eines Paradieses, das mit den Nägeln und dem Blut von Generationen aus der Hölle erkämpft wurde. Und statt es zu pflegen, bemalen wir die Wände mit moralischen Ansprüchen, die so hoch sind, dass uns die Luft zum Atmen knapp wird. Wir ersuchen Komplexität, wo Einfachheit herrscht, und nennen die banale Verwaltung unseres Wohlstands eine „existenzielle Krise“.

Die Welt ist nicht VUCA. Sie war noch nie einfacher, sicherer (ok, dass ändern WIR gerade), reicher. Wir sind woke. Wach in einem Traum, der uns zu anstrengend wird. Überempfindlich für Mikroaggressionen und taub für die Hammerschläge der Geschichte. Beschäftigt mit der Kosmetik der Gerechtigkeit, während die Fundamente bröckeln.

Die Lösung ist nicht mehr „Awareness“, mehr Regeln, mehr moralische Überhöhung. Sie liegt in der Rückbesinnung auf das, was wirklich zählt: Pragmatismus statt Dogmatismus. Freiheit statt Regulierungswut. Realpolitik statt Werte-Imperialismus. Technologischer Fortschritt statt romantischer Rückwärtsutopie. Und vor allem: Dankbarkeit für das unfassbare Glück, in dieser Zeit leben zu dürfen – und der Mut, sie nicht mit selbstsüchtiger Hysterie zu verspielen.

Schluss also mit dem Gejammer über VUCA. Steckt den moralischen Zeigefinger ein, nehmt die Schaufel der Realität in die Hand und baut weiter. Oder, um mit den Worten eines weisen Römers zu schließen, dessen Aquädukte wir noch immer nutzen: „Hic et nunc“ – Hier und jetzt. Es ist gut. Wir sind nur zu woke, um es zu sehen.

Woke nicht VUCA, Info-Schild zum Download
6x6cm:
woke_nicht_vuca_6x6.pdf
8x8cm:
woke_nicht_vuca_8x8.pdf

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