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SGI Indy (1993)

Blauer Vorbote der digitalen Zukunft

Autor: Dirk Liesch

Die Indy ist zu Recht ein „Kult“-Computer seiner Zeit. Als Silicon Graphics 1993 die SGI Indy präsentierte, war es mehr als nur ein schneller UNIX-Rechner. Die Indy war ein Blick in eine Zukunft, in der Computer nicht nur rechnen, sondern sehen, gestalten und simulieren konnten. Ihre auffällige türkis-blaue Farbe symbolisierte genau das: Kreativität statt Büroalltag.
Fachliche und technische  Details zur „Indy“ findet ihr hier auf der Wikipedia „SGI Indy“.

SGI Indy mit Originalkamera und passendem Fremdzubehör (Monitor+Tastatur)
SGI Indy mit Originalkamera und passendem Fremdzubehör (Monitor+Tastatur)

Die Indy war einer der ersten Desktop-Computer mit echter Multimedia-DNA. Die integrierte IndyCam, eine frühe Digitalkamera, ermöglichte Videokonferenzen und Bildaufnahmen zu einer Zeit, als Webcams noch exotische Laborgeräte waren. Viele spätere Standards in der Medienproduktion — Livebild-Verarbeitung, digitale Bildstreams, 3D-Interaktionen — wurden auf dieser Plattform zum ersten Mal direkt am Schreibtisch erfahrbar. Für viele heutige Standards in der Bild- und Videobearbeitung legte die Silicon Graphics (Link zu Wikipedia) Inc. (SGI) den Grundstein.

Silicon Graphics  (SGI) baute nicht nur großartige Grafik-Workstations, sondern auch das IRIX-Betriebssystem (Link zu Wikipedia), ein UNIX-System  mit einer beeindruckenden vektorbasierten grafischen Benutzeroberfläche ging auf ihre Kappe. SGIs waren zu ihrer Zeit Kult-Computer, wegen ihrer bahnbrechenden Grafik-Leistung. Die „Indy“ ist die „kleine Workstation“ aus der Serie mit „Indigo„,  „Onyx“ (die beiden mit denen ich auch persönlich gearbeitet habe) u.a.

IRIX på SG1 O2-sensurert
IRIX Desktop auf einer SGI

Hollywoods Werkzeug – auch auf dem Schreibtisch

Silicon Graphics war der geheime Motor hinter einer Revolution im Kino. Große SGI-Workstations wie die „Indigo“ oder „Onyx“ berechneten die Durchbruch-Effekte von „Jurassic Park“ (1993), die den realistischsten CGI-Dinosauriern ihrer Zeit Leben einhauchten.

Aber auch spätere berühmte 3D-Filme, wie „Avatar“ wären ohne die Innovationen von SGI  und der in SGI integrierten „Alias|Wavefront“ 3D-Animations und Rendering Lösungen später nicht möglich gewesen. SGI war bahnbrechend für Computer-Generated Imagery (CGI).

Die Indy war das erschwingliche Geschwistermodell dieser High-End-Maschinen. Sie brachte die gleiche Technologie — OpenGL-Grafik, Bildverarbeitung, IRIX-Stabilität — in ein Format, das Animationsstudios, Universitäten und kleine Produktionsfirmen nutzen konnten. Für viele Künstler und Entwickler war die Indy das erste Tor in die Welt professioneller 3D-Animationen, wie z.B. die Standardanwendungen auf dem Indy-Desktop andeuten:

Irix IconCatalog MediaTools
MediaTools des Irix Desktop, so wie auf der Indy

„Enthüllung“ (1994) – und die Indy

Löse das Problem“ ist ein Projektleiterspruch, den ich seit dem Film „Enthüllung“ in vielen Situationen als Beispiel verwende, wenn es darum geht, viele Folgeprobleme und Symptome dadurch zu erledigen, dass man sich auf das eigentliche Problem konzentriert und dieses löst.  Die SGI Indy (inkl. SGI und deren Technologien, sowie die IRIX-Benutzeroberfläche) wurde vielen Menschen durch den Film „Enthüllung“ (Disclosure) mit Michael Douglas und Demi Moore bekannt. Bekannt auch durch das Beispiel einer futuristischen 3D-Benutzeroberfläche — dem sogenannten „virtuellen Korridor“.

In dieser filmischen Vision bewegt sich der Protagonist durch einen dreidimensionalen Akten- und Datenraum, um digitale Informationen zu suchen. Zwar war diese Darstellung stark überzeichnet, doch sie beruhte auf echten Technologien, die SGI damals entwickelte:

  • Virtuelle 3D-Interfaces, wie sie in Forschungsprojekten unter IRIX tatsächlich existierten

  • Frühe Navigationskonzepte, die mit VR und 3D-Objektbrowsern experimentierten

SGI Indy CRT Keyboard Mouse
SGI Indy mit Originalzubehör, Monitor, Tastatur, Maus … aber ohne IndyCam (Ausschnitt dieses Bildes im „Beitragsbild“)

Indy & IRIX – ein Gefühl von Freiheit

allein ein Blick auf die Rückseite der Indy zeigt die vielfältige Vernetzung in die digitale Welt (die einzelnen Anschlüsse der Indy werden im Wikipedia-Beitrag erklärt), ob Ethernet oder ISDN oder alle „state of the art“ Media- und Monitoranschlüsse waren vorhanden. Besonders zu beachten ist auch ein spezieller Anschluss für die 3D-Brille (1993!).SGI Indy back

Allein die Anschlüsse auf der Rückseite (wohlgemerkt 1993) zeigten damal eine neue Dimension von Internet und „Streaming Media“ auf dem Desktop, zu dem Zeitpunkt absolut einmalig… und ein Bewusstsein für IT-Sicherheit, was ein Blick auf die IndyCam (VideoCam, WebCam) verdeutlicht. Die wohl erste WebCam auf einem Desktop Computer hatte bereits eine mechanische Abdeckung für die Linse! … und das war auch notwendig,

IndyCam SGI video camera (1993)
IndyCam mit mechanischer „Schiebe-Abdeckung“ der Linse

denn IRIX als Unix und Netzwerkbetriebssystem ermöglichte es bereits 1993 sich auf jedem Rechner weltweit im Internet einzuwählen (mit den entsprechenden Zugangsdaten) und auch Kamera (und Mikrofon) fernzusteuern und damit den Raum zu „überwachen“, in dem das System (also z.B. die Indy) stand. Es war damals ein beliebtes Spiel, nachzusehen, ob einer der Kollegen vergessen hatte, seine Kamera zu schließen und wenn das der Fall war, mal nachzusehen, wie er so arbeitet, oder was er gerade macht. Andererseits konnte man beim „Doom“ spielen (auch 1993 veröffentlicht) die Mitspielenden darüber direkt beobachten („ins Gesicht schauen“), egal ob im Nachbarraum oder auf der anderen Seite der Erde.

In Enthüllung ist realistisch zu sehen, wie die Video-Konferenzen  mit Indy und IndyCam auch tatsächlich stattfanden (wirklich zur anderen Seite der Welt), damals 1993 keine Selbstverständlichkeit.

Allein die Arbeit mit der IRIX-Benutzeroberfläche mit ihren 3D-animierten Bedienelementen und Oberflächen-Objekten vermittelte ein Gefühl von digitaler Freiheit, Zukunft und Leichtigkeit, damals noch unerreicht, selbst vom Mac.

„Ach ja, das waren Zeiten …“

Dank englischer Untertitel, ist in folgendem  russischen Video (youtube) die Indy (nach einer kurzen Einführung zu SGI insgesamt) wirklich „erlebbar“ … und wird im Detail (3D-Irix Oberfläche, Animations- und Medienprogramme etc.)  inkl. früherer Preise und Zusatzausstattung vorgestellt (sehr sehr sehenswert, auch wenn man kein Russisch kann). Bekommt ein wirkliches Gefühl zur Indy und stellt euch dabei vor: DAS WAR 1993 ! (Dauer: 19:46 min):

SGI Indy, Info-Schild zum Download
6x6cm:
sgi_indy_6x6.pdf8x8cm:
sgi_indy_8x8.pdf